Veranstaltungsreihe »Auseinandersetzungen mit der Gegenwart des Antisemitismus«

Seit Januar 2023 sind wir mit einigen anderen politischen Gruppen und Initiativen der Stadt in einem Netzwerk miteinander verbunden. Angesichts des erstarkenden Antisemitismus haben uns dazu verabredet, Veranstaltungen in der gemeinsamen Reihe »Auseinandersetzungen mit der Gegenwart des Antisemitismus« zu organisieren. Die Statements der Beteiligten sowie Informationen zu den bisher stattgefundenen sowie geplanten Veranstaltungen, Workshops und Filmvorführungen findet ihr hier.

Erinnerung an Georg, Elsa und Ilse Frischmann, 10. November 2022

Am 10. November 2022 haben wir zusammen mit dem Antifaschistischen Chor Pir-Moll, der kosmotique in Dresden und dem AKuBiZ Pirna an die Dresdner Familie Frischmann erinnert. An ihrem ehemaligen Wohnhaus in der heutigen Rothenburger Straße 46 (Ecke zur Louisenstraße) brachten wir temporär Texte an und legten kleine Broschüren aus, die über Georg, Elsa und Ilse Frischmann informierten. Ihre Geschichte ist eine Geschichte von rassistischer und politischer Verfolgung, Deportation und Ermordung, aber auch eine Geschichte von Solidarität und Widerstand gegen den Nationalsozialismus.

Der Chor Pir-Moll hat anlässlich dieser Erinnerung über die Familie Frischmann einen Artikel verfasst: Erinnerung an Georg, Elsa und Ilse Frischmann

audioscript im öffentlichen Raum

In den letzten drei Jahren haben wir uns mehrmals mit dem Abspielen von je einem Track des audioscriptes an Gedenktagen beteiligt. Am 20./21. Januar 2022 haben wir den Track 11 »Deportation und Vernichtung - Ereignis ohne Zeugnis? Güterbahnhof Dresden-Neustadt« anlässlich des Gedenkens an die ersten Deportationen von Jüdinnen_Juden aus Dresden vor 80 Jahren in der Ruine des Alten Leipziger Bahnhofs als Loop abgespielt. Siehe auch der Beitrag bei Alternative Dresden News vom 23. Januar 2022. Am Tag des Denkmals am 11. September beteiligten wir uns 2022 und 2023 mit einer Hörstation auf dem, in der Regel nicht öffentlich zugänglichen, Gelände des ehemaligen Judenlager Hellerberg mit unserem Track »Geländebewahrer. Das Judenlager am Hellerberg«. Auf dem Gedenkrundgang anlässlich des 27. Januar, dem Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus, wurde 2023 der Track »Auschwitz auf der Straße - Todesmärsche in Dresden« und 2024 der Track »Wir haben mit angesehen, wie das Haus allmählich seine Menschen, seine Bilder, seine Möbel ausspie.«
›Judenhäuser‹ in Dresden zwischen 1939 und 1945 abgespielt.

Siehe auch die Berichte zu den Gedenkrundgängen bei Alternative Dresden News 2023 und 2024.

»War’s das mit eurer Kritik?« »Keineswegs.« – Interview mit dem Autor:innenkollektiv audioscript über das geplante »Gedenkareal Dresdner Norden«, 11. März 2022

Die Stadt Dresden hat einen Ideenwettbewerb zur Gestaltung eines Gedenkareals ausgeschrieben, welcher die nationalsozialistische Geschichte von Orten im Dresdner Norden sichtbar machen soll. Bei den Orten handelt es sich u. a. um den Alten Leipziger Bahnhof – Güterbahnhof Dresden-Neustadt, den Gebäudekomplex des ehemaligen Rüstungsbetriebs Goehle-Werk der Zeiss Ikon AG, der heute die Kultur- und Wohngenossenschaft »Zentralwerk« beherbergt oder das ehemalige Judenlager am Hellerberg. Aber auch der Heidefriedhof, der Sowjetische Garnisonsfriedhof und der Dresdner Nordfriedhof sowie die ehemalige Polizeischule Hellerau auf dem heutigen Areal des Festspielhauses Hellerau und der Standort der ehemaligen Nationalpolitischen Erziehungsanstalt (NAPOLA) Dresden gehören dazu. Zur Dekonstruierung des Opfermythos, die jahrelang fast ausschließlich von Antifaschist:innen betrieben wurde, möchte die städtische Verwaltung nun offenbar auch einen Beitrag leisten. So heißt es in der Ausschreibung, der Wettbewerb solle in der Öffentlichkeit ein Bewusstsein schaffen, »dass die Bombardierung Dresdens eine zwölfjährige Vorgeschichte hatte.« Das Ziel sei es, Erinnerungsorte »digital und analog« zu markieren und »historische Zusammenhänge als Teil einer lokalhistorischen Aufarbeitung« darzulegen. (Einleitung zum Interview)

Zuerst veröffentlicht bei Alternative Dresden News am 11. März 2022.

Vollständiges Interview

Redebeitrag von Katharina Wüstefeld (Autor*innenkollektiv audioscript) am 20. Januar 2022

Am 20. Januar 2022 fand anlässlich des Gedenkens an die ersten Deportationen von Jüdinnen_Juden aus Dresden vor 80 Jahren an der Ruine des Alten Leipziger Bahnhofs eine Kundgebung statt. Wir beteiligten uns dort mit einem Redebeitrag, der ein umfängliches und intensives Gedenken an die Shoah und den Nationalsozialismus in Dresden fordert, das nicht spart und nicht abschließt.

Der Redebeitrag sowie die gesamte Gedenkveranstaltung zum Ansehen und Anhören hier.

Vollständiger Redebeitrag

Der Geschwätzigkeit des Stillen Gedenkens widersprechen. Die Auseinandersetzung mit der Shoah und revisionistischer Erinnerungspolitik als politische Intervention in der Gegenwart (2015)

Interview von Toni Krochmaslko, Institut für feministische historisch-politische Fragestellungen Dresden mit der gruppe audioscript, erschienen in: History is unwritten. Linke Geschichtspolitik und kritische Wissenschaft. Ein Lesebuch. Hrsg. vom AutorInnenkollektiv Loukanikos, 2015

Zum 70.  Jahrestag der Reichspogromnacht erarbeitete eine Gruppe aus der Dresdner antifaschistischen Linken den Audiostadtrundgang audioscript zur Verfolgung und Vernichtung der Jüdinnen und Juden in Dresden 1933 - 1945. audioscript stellt eine politische Intervention gegen den in dieser Stadt vorherrschenden Erinnerungsdiskurs mit der Betonung deutscher Bombenopfer dar. In 13 Tracks fokussiert audioscript, im Gegensatz zu Dresdens Stadtgesellschaft, auf Nationalsozialismus und Shoah im lokalen Kontext und diskutiert die postnazistischen deutschen Gesellschaften nach 1945 in der DDR und in der Gegenwart. Die Autor_innen setzten sich intensiv mit jüdischer Verfolgungsgeschichte im nationalsozialistischen Dresden auseinander und suchten ein zeitgenössisches Format der Vermittlung. Gleichzeitig war es der Gruppe wichtig, eine Kritik an der gegenwärtigen lokalen und bundesweiten Erinnerungspolitik zu formulieren. Das dresdnerische Gedenken an die Luftangriffe am 13. Februar 1945 war ein wichtiger Stichwortgeber in der Transformation des Erinnerns. Die Geschichte vom Ausgang des Krieges her zu erzählen und somit die Opfer der Bombardierung mit denen der Shoah in Konkurrenz zu bringen fand seinen Anfang im Stillen Gedenken an jedem Jahrestag der Bombardierungen. (Einleitung zum Interview)

Link zum Buch beim Verlag edition assemblage oder als PDF (open access)

»Auch weil niemand um Verzeihung bat. Die Geschichte des Pardons ist in Auschwitz zu Ende gegangen.« audioscript zur Verfolgung und Vernichtung der Jüdinnen und Juden in Dresden 1933-1945 (2013)

Ein Beitrag von Heike Ehrlich und Kathrin Krahl, erschienen in: GEDENKEN ABSCHAFFEN. Kritik am Diskurs zur Bombardierung Dresdens 1945. Hrsg. von Autor_innenkollektiv Dissonanz, 2013.

Dresden, imaginiert als die schöne, unschuldige Kunst- und Kulturstadt, ist das deutsche Opfernarrativ schlechthin - unnötig bombardiert, kurz vor Ende des Krieges mit »Hunderttausenden Toten«. Die alliierten Luftangriffe vom 13. bis 15. Februar 1945 bilden einen festen Bezugspunkt der Erinnerung und des Gedenkens in Dresden. Durch die Jahrzehnte war die Stadt Kulminationspunkt und Ausdruck jeweils aktueller Geschichtspolitik. Sie präsentiert sich als Symbol für Frieden und Versöhnung und inzwischen sogar für wahrhaftiges Erinnern gegen geschichtsrevisionistische Nazis. Nicht zuletzt aufgrund des jährlichen Naziaufmarsches werden nun Mythen hinterfragt, Fakten erforscht und die nationalsozialistische Geschichte Dresdens benannt. Aber reicht das? Muss nicht vielmehr das Gedenken selbst abgeschafft werden? Dieser Band sagt: ja!

Link zum Buch beim Verbrecherverlag

Rezension in Medaon - Magazin für jüdisches Leben in Forschung und Bildung (2011)

Katja Krause: Rezension von: audioscript zur Verfolgung und Vernichtung der Jüdinnen und Juden
in Dresden 1933-1945, in: Medaon – Magazin für jüdisches Leben in Forschung und Bildung, 5. Jg., 2011, Nr. 8, S. 1-4.

Jedes Jahr erscheint eine Vielzahl von unterschiedlichen Beiträgen in Zeitschriften und Onlinemagazinen, die sich mit der Erinnerung an die Verfolgung und Vernichtung von Jüdinnen und Juden beschäftigen. Neben den offiziellen Gedenkzeremonien zum 27. Januar oder dem 9. November gibt es vielerorts Veranstaltungen, die versuchen, sich davon abzugrenzen. …

Link auf den vollständigen Beitrag

»Wir hatten keine Angst vor den Bomben« - Interview mit Olga Horak (2010)

Jungle World Nr. 6, 11. Februar 2010

»Olga Horak, geborene Rosenberger, war 17 Jahre alt, als im August 1944 deutsche Truppen in die Slowakei einmarschierten. Familie Rosenberger konnte sich zunächst verstecken, wurde aber entdeckt und nach Auschwitz deportiert. Ende Oktober 1944 wurde Olga Horak zur Zwangsarbeit nach Kurzbach verbracht. Auf einen Todesmarsch von Kurzbach in das KZ Bergen-Belsen gezwungen, kam sie am 16. Januar 1945 während eines Luftangriffs durch Dresden. Der Zug mit den Häftlingen verließ die Stadt unmittelbar nach dem Angriff. Olga Horak erlebte die Befreiung durch die britische Armee im KZ Bergen-Belsen. Sie lebt seit 1949 in Sydney/Aus­tralien.« (Einleitung zum Interview)

Link zum vollständigen Interview

Rezension bei MDR-Figaro

vom 27. Januar 2010

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Musterung einer Kollaboration Muslimische Kriegsgefangene aus der Sowjetunion und die Dresdner SS-Mullah-Schule (2009)

Artikel von Heike Ehrlich und Kathrin Krahl, erschienen in iz3w Nr. 315 - Januar / Februar 2009

Muslimische Kriegsgefangene aus den zentralasiatischen Sowjetrepubliken wurden von der SS zunächst zu »asiatischen Untermenschen« stigmatisiert. Im fortschreitenden Kriegsverlauf wurden sie auf Initiative des Reichsführer-SS Heinrich Himmler in »Freiwilligenverbänden« gegen die Rote Armee eingesetzt. Ein wichtiger Bestandteil dieses Plans war die Einrichtung der Dresdner SS-Schule für Mullahs. Dort wurden zwischen November 1944 und Februar 1945 Muslime zu Feldgeistlichen des Osttürkischen Waffenverbandes der SS ausgebildet. Die Schule verdeutlicht, dass die Kollaboration der NationalsozialistInnen mit Muslimen auch auf dem Reichsgebiet stattfand (Zusammenfassung).

zur Ausgabe iz3w Nr. 315 - Januar / Februar 2009

Brief von Olga Horak

Dear Mr. Thomas Fache, Heike Ehrlich, Katrin Förster, Kathrin Krahl, Claudia Pawlowitsch, Anita Ulrich, Katharina Wüstefeld. Thank you for the audioscript, 3 discs and 3 maps and your kind letter which I received yesterday. I was very impressed with your wonderful result in producing this very important information and congratulate you and salute you for it. Please accept my best wishes and congratulations for your effort and wonderful work. I am sending you my best regards and best wishes for a happy christmas and successful new year.

Yours sincerely, Olga Horak (Sydney, Australia)

(Im Track # 10 »Auschwitz auf der Straße - Todesmärsche in Dresden« wird aus Olga Horaks Erinnerungen zitiert. Olga Horak: Von Auschwitz nach Australien. Erinnerungen einer Holocaust-Überlebenden an ihre Kindheit in Bratislava, die Deportation nach Auschwitz, den Todesmarsch von Kurzbach nach Dresden und an die Befreiung in Bergen-Belsen)

Beitrag zum audioscript in »Vergessenes Erinnern« - Medien von Erinnerungskultur und kollektivem Gedächtnis« (2009)

Hg.: Swen Steinberg, Stefan Meißner und Daniel Trebsdorf, Wissenschaftlicher Verlag Berlin 2009

Es handelt sich hierbei um das Buch zur Tagung »Zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Medien von Erinnerungskultur, Geschichtsbewusstsein und kollektivem Gedächtnis«, die vom 4. bis 7. Dezember 2008 in Dresden stattfand.

gekürzte und leicht geänderte Fassung des Beitrags

Festrede anlässlich der Premiere des audioscripts am 5. November 2008

Dr. Holger Birkholz (HfBK Dresden)

»audioscript« ist eine Sammlung von dreizehn Hörstücken, die vor allem aus gesprochenem Text besteht. Thema der Sammlung ist die Verfolgung und Vernichtung der Juden in Dresden während der Zeit des Nationalsozialismus. Dabei werden unterschiedliche Textarten miteinander kombiniert: Berichte von Zeitgenossen, Texte von Historikern und Philosophen und selbst geschriebene Textpassagen und Dialoge der Autoren von »audioscript«. Die Bandbreite der Texte ermöglicht einen differenzierten Blick auf die historischen Ereignisse, aber auch – und das ist entscheidend – auf unseren heutigen Umgang damit. Gleichzeitig werden die Möglichkeiten historischer Darstellungen, ihre Instrumentalisierung und die Bedingungen historischer Texte mit reflektiert.

vollständige Fassung der Festrede